Montag, 9. September 2013

Tess

Gestern war Roman Polanskis großes tragisches Liebesepos »Tess« mit der berückenden Nastassja Kinski im Arte-Abendprogramm zu sehen:


War das Programm eine verspätete Hommage zu Polanskis 80. Geburtstag? Vermutlich, denn zu seinem Geburtstag am 18. August hatte man natürlich weitaus wichtigerer Dinge zu gedenken — so etwa seines internationalen Haftbefehls wegen Kindesmißbrauchs.

Manche werden nun den leicht vernehmlichen Ton der Ironie (der ja nun schwer zu überlesen ist) mißbilligen, und LePenseur der Inkonsequenz, ja der Voreingenommenheit zeihen, wo er doch über die Kinderschänder-Vergangenheit der GrünInnen-Partei durchaus ätzende Worte fand. Dennoch sei gesagt: es gibt hier nicht unerhebliche Unterschiede. Denn es ist eben nicht dasselbe, ob eine Partei einen gesetzlichen Freibrief für »Pädo-Sex« gesamtgesellschaftlich durchsetzen will, und entsprechende Vereinigungen (pun intended) ihrer Mitglieder nicht bloß duldet, sondern aktiv fördert, oder ob ein Mann mit Neigung zu jungen Mädchen dieser Neigung folgte und mit einer damals 13-jährigen Sex hatte, die als Erwachsene mehrfach ausdrücklich keine Bestrafung Polanskis wünschte, sich erleichtert über die Verweigerung seiner Auslieferung seitens der Schweiz zeigte, und angewidert war vom Medienrummel und die ohne Rücksicht auf ihre persönlichen Interessen arbeitende Justiz, welche überaus zweckmäßg den hehren Grundsatz des fiat justitia mit einem erfolgreichen Mediencoup für den damals um seine Wiederwahl bangenden Staatsanwalt zu kombinieren verstand.

Und es macht auch noch einen Unterschied, ob man mit einer frühreifen 13-jährigen ins Bett geht, die in der Schule von unseren staatlichen Verhütungs-Fuzzis problemlos Sexkoffer, Pille, Kondome und Abtreibungen angedient bekommt, oder ob man sich als grüner Kindergärtner — natürlich rein pädagogisch-antirepressiv-emanzipatorisch! — daran erfreut, daß einem die 5-jährigen Bubis und Mädis den Schwanz befummeln.

Doch zurück zum Film. Er ist von der Bildregie und den schauspielerischen Leistungen — nicht nur, aber eben doch vor allem Nastassja Kinskis — ein Meisterwerk. Dennoch hinterläßt er insgesamt einen etwas zwiespältigen Eindruck, wenngleich das Verdikt des einflußreichen Filmkritikers Roger Ebert, die Handlung sei die einer Soap Opera, doch etwas harsch erscheint (Nastassja Kinski lobte er hingegen wegen ihrer Jugend und frischen Naivität) — so gesehen könnte man bspw. auch »Effi Briest« als Herz-Schmerz-Roman abtun. Das Drehbuch wäre aber in der Tat verbesserungsfähig gewesen ... aus dem Thema wäre dann (noch) mehr zu machen gewesen. Und so großartig die Bilder, die Szenerie und v.a. die Lichtregie sind — die Musik wechselt, wenigstens für LePenseurs Geschmack, zwischen stimmig und stellenweise einfach »danebengelungen«. Schade irgendwie.

Insgesamt war's ein Abend von nostalgischer Wiedersehensfreude. 1979/80 war LePenseur zwar im hektischen Abschluß seiner Studien und deshalb für filmische Novitäten eher unabkömmlich. So blickt er nun mit Wehmut in frühere, jugendlichere Jahre zurück und holt damals Versäumtes nach. Oder versucht es wenigstens. Und denkt wie Ottokar Kernstock in seinem Herbst-Gedicht: »Schal ist das Glück und der Genuß / Wenn unsrer Jugend Sonne sank« ...


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