Freitag, 7. September 2012

Draghis Fest oder: die Zeichen an der Wand


Die Mitternacht zog näher scho'
In stummer Ruh lag Potsdam do.

Nur oben in Schloss Sanssouci
Da flackert's, da lärmt die Kungelpartie.

Dort oben in dem Raffaelsaal
Kriegt Draghi seinen Preispokal.

Die Knechte saßen gedrängt in Reihn
Berauschten sich an Eurokratenlatein.

Es klirrten die Becher, es jauchzten die Knecht;
So klang es dem EZBankster recht ...


Und alle, alle krochen sie ihm hintern rein, bis sie vorne wieder rausguckten! Der Hehler Schäuble saß verschmitzt im Rollstuhl und meinte, wenn er bloß geahnt hätte, daß die Preisverleihung auf den Tag der EZB-Entscheidung fallen würde, hätte er es sich seine Zusage für die Rede wohl noch einmal überlegt. Hat er aber nicht, obwohl er wußte (will er uns verarschen?) ...

Ein italienischer MafiaKonzernchef hielt eine Laudatio — kein Wunder, die beiden sind schließlich ehemalige Klassenkameraden und sehen etwa gleich seriös aus. Ach, und noch irgendeine graue Bankmaus durfte Weihrauch schwenken ...

Allen war klar: »Die Europäer zeichnen ihren Besten aus«. Der Superlativ von gut muß, wie wir wissen, deshalb keineswegs etwas Gutes bedeuten. Der beste Schiläufer von Saudiarabien scheitert bei Olympia wohl in der Vor-Qualifikationsrunde. Und der beste Europäer Draghi steht eben für ein Europa der staatsverflochtenen Selbstbedienungscliquen. Und das kann er am besten, denn er hat's schließlich bei Goldman Sachs gelernt.

... die Journalisten und anderen Medienvertreter sind nur die treuen Claqueure der Euroretter, die (leider) wirklich etwas zu sagen haben – und denen es um vieles geht, aber sicher nicht zuerst um die Zukunft der Menschen, die im Euroraum leben. Beginnen wir mit demjenigen, der den Preis bekommen hat – mit dem Präsidenten der EZB Mario Draghi.

Er hat sich gerade gemeinsam mit seinen Kollegen im Rat der EZB (mit einer rühmlichen Ausnahme) selbst ermächtigt, beliebig viele Staatsanleihen von Pleitekandidaten zu kaufen. Das geschieht nicht etwa, um die Stabilität des Euro zu sichern. Die geschieht, um Regierungen aus der Patsche zu helfen, denen niemand mehr Geld leihen will. Das geschieht, um Banken aus der Patsche zu helfen, die Schrottanleihen halten und sie zu ermuntern, weiter fleißig welche zu kaufen. Es geschieht, um die letzten Reste des „alten“ Europa, um die letzten Reste von Vielfalt und Wettbewerb politischer Einheiten auszulöschen. Das hat zur Folge, dass die Menschen in der Eurozone schleichend enteignet werden.
Die Cliquen und ihre Medien-Claque klatscht begeistert (etwas anders können und wollen sie nicht).

Sie merken nicht, dass gerade die Axt an die Wurzeln Europas gelegt wird. Sie verstehen auch nicht, dass es nicht vorrangig darum geht, wie viel die Deutschen oder die Bürger irgendeines anderen Landes bezahlen. Es geht darum, dass gerade institutionell die völlig falschen Weichen gestellt werden, dass z.B. eine Wirtschaftsregierung geschaffen werden soll, dass nicht nur Glühbirnen und die Diskriminierung abgeschafft werden, sondern auch der Steuerwettbewerb. Von da ist es nur noch ein kurzer Weg bis zum Europäischen Sozialstaat, indem jeder für alle aber niemand für sich selbst zahlt. Irgendwann ist das alles alternativlos. Dafür klatschen sie Beifall. Das ist ihr Europa.
Meines nicht. Unseres nicht. Wobei »wir« einfach für die Leistungsträger steht, die weder als staatsalimentiertes Prekariat im Faulbett der Sozialverwaltungen liegen, noch als Mitglied irgendwelcher Lobbyisten-Cliquen Staatsgelder im großen Stil zum eigenen Vorteil abgreifen können. Mit einem Wort: all die Trotteln, die durch ihre Arbeit und mit ihren Steuern das ganze Werkel am Laufen halten.

Kurze Frage zum Schluß:



Würden Sie so einer schmierigen Type auch nur einen billigen Gebrauchtwagen abkaufen?

Wohl eher nicht.

Aber an die Spitze der Europäischen Zentralbank wird sowas gesetzt.

Tja, warum wohl ...?

6 Kommentare:

Arminius hat gesagt…

Nur Stunden nachdem der italienische Gelddrucker die Altersvorsorge der Deutschen auf dem Altar der Inflation geopfert hat, wird er vom deutschen Bundesfinanzminister geehrt.
In der Tat: Perverser geht's nimmer.

Anonym hat gesagt…

Noch sitzt Ihr da oben, ihr feigen Gestalten.
Vom Feinde bezahlt, dem Volke zum Spott!
Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten,
dann richtet das Volk, dann gnade Euch Gott!
(Theodor Körner)

Anonym hat gesagt…

Am Dienstag sendete Arte die Dokumentation "Goldman Sachs - Eine Bank lenkt die Welt": sehr sehenswert!

...."Das Geschäftsgebaren der Bank ist überaus diskret. Ihr Einfluss reicht weit in den Alltag der Bürger hinein - vom Facebook-Börsengang über die Ernennung des Präsidenten der Europäischen Zentralbank bis hin zum Lobbying gegen die Regulierung des Finanzsektors. Der Arm der Bank ist lang, und sie befindet sich stets auf der Gewinnerseite."

Die Sendung ist noch per Stream anzusehen, bzw. sie wird wiederholt.
Mittwoch 19. September 2012 um 10.25 Uhr
Wiederholung am Donnerstag 27. September um 02.50 Uhr

Die Doku wird von Minute zu Minute spannender.

Volker hat gesagt…

Man kann sich die ÖR-Sendungen mit Mediathekview downloaden. Dann müssen einen die Sendezeiten nicht mehr kümmern.

http://www.computerbild.de/download/MediathekView-4503190.html

Robert hat gesagt…

Ich liebe Italien, ich liebe die Italiener! Aber nicht wegen ihrer Wirtschaftsführung und ihren Wirtschaftführern.

Anonym hat gesagt…

Würden Sie so einer schmierigen Type auch nur einen billigen Gebrauchtwagen abkaufen?

Wohl eher nicht.

Aber an die Spitze der Europäischen Zentralbank wird sowas gesetzt.

Tja, warum wohl ...?


Aus Menschlichkeit natürlich! Eben weil die Entscheider wissen, daß niemand so einer schmierigen Type einen Gebrauchtwagen abkaufen würde, hat man ihn an die Spitze der Europäischen Zentralbank gesetzt. Von irgendwas muß der Mann doch leben ... und all die anderen Leute, die schon mittellos in den Fußgängerzonen herumsitzen und/oder -liegen ... sehen eben allesamt wesentlich vertrauenswürdiger aus. Deswegen konnten die für diesen Posten auch nicht genommen werden...