Montag, 31. Mai 2010

Ein sprichwörtlicher Burgenländerwitz

... war der Ausgang der Landtagswahlen in Österreichs östlichstem Bundesland. Da wird die seit fast einem halben Jahrhundert in Filz und Selbstgefälligkeit herrschende SPÖ zwar mit einem Dämpfer versehen, aber so sanft, daß sich bei gutem Wind dann doch noch eine absolute Mandatsmehrheit ausgeht, jedenfalls aber eine Pattsituation im Landtag, bei der ohne SPÖ-Zustimmung nichts geht.

Da zieht eine »Liste Burgenland«, auf deren Mandatslistenplätzen sich die verhaltensoriginellen Problemkinder anderer Parteien zusammengefunden zu haben scheinen, knapp aber doch in den Landtag ein ... mit einem Programm, das — in burgenländischer Dialektfärbung vorgetragen — jederzeit als Höhepunkt des Villacher Faschings geeignet wäre. Hier ein paar Kostproben:
Burgenländische Arbeitskräfte sollen daher in den Genuss eines Heimatbonus in Form eines Arbeitskostenzuschusses kommen, der burgenländische Arbeitsplätze langfristig absichert.

Wir wollen eine Förderung von bis zu € 450,- pro Monat und Arbeitsplatz für Burgenländer als Dauerlösung.

Wir wollen eine Lehrlingsförderung von € 1.000,- monatlich, wobei € 500,- pro Monat auf einem Wohnungskonto des Lehrlings angespart werden sollen.

Die Burgenländerinnen und Burgenländer haben ein Recht auf sichere Pensionen.

Die Jugend braucht dringend gute und sinnvolle Ausbildung, mit der sie am Arbeitsmarkt wirkliche Chancen hat.

Wir fordern sparsames Wirtschaften und mehr Geld für burgenländische Arbeitnehmer und Lehrlinge statt für Großkonzerne.
Und dann wollen wir noch eine goldene Uhr und ein Doktordiplom für alle. Und Gratisstrom aus der Steckdose ...

Die GrünInnen haben sich indessen mit der Wahl eines sich auf urban-intellektuell stilisierenden Spitzenkandidaten ungespitzt in den Boden gebohrt und gute Chancen, alle beide ihrer zwei Mandate zu verlieren, und somit als APO Burgenland weitermachen zu können (bis der Rest an Parteiförderung aufgebraucht ist).

Die ÖVP hat Stimmen verloren, ihr Wahlziel (die Brechung der roten »Absoluten«) vermutlich verfehlt — und sieht sich, hochzufrieden, als heimlicher Sieger. Nur die Freiheitlichen, die ihren Stimmenanteil verdoppeln konnten, hadern mit dem Schicksal, nicht noch stärker gewonnen zu haben ...

Einfach ein Narrenhaus — nein, vielmehr, ein Burgenländerwitz! Der freilich durch den berühmten »Berliner Witz« heute prompt überboten wurde: da wird Bundespräsident Köhler (über die Sinnhaftigkeit seiner Amtsführung kann man ja durchaus geteilter Meinung sein) angeblich fehlinterpretiert, stellt diese angebliche Fehlinterpretation richtig, meint jedoch, daß die der angeblichen Fehlinterpretation entgegengebrachte Kritik »den notwendigen Respekt vor dem höchsten Staatsamt vermissen« lasse ... und tritt daraufhin zurück.

Nicht, daß ich den Rücktritt eines vom deutschen Grundgesetz mit recht entbehrlichen Kompetenzen ausgestatteten Frühstücksdirektors auf Schloßhotel Bellevue besonders beklagen würde — aber die obige Argumentation, mit der er erfolgte, ist wirklich originell. Läßt sie uns etwa im »argumentum a majori ad minus« (wie der römischrechtlich geeichte Jurist zu sagen pflegt) schließen, daß, wenn ungerechtfertigte Kritik zu einem Rücktritt Anlaß gibt, dies durch gerechtfertigte Kritik umso mehr der Fall sein müßte? Pröllmann & Consorten adieu ...

Ach, ich fürchte: es wird nichts daraus! Auf Bellevue wird ein neuer Frühstücksdirektor einziehen (der, wie man die Zeitläufte kennt, vermutlich eine Frühstücksdirektorin sein wird, was bis auf die Tatsache, daß betuliche Plattitüden aus gespitztem Frauenmund geflötet einfach noch schrecklicher klingen, völlig belanglos wäre), und im Burgenland wird das fulminante Wahlprogramm der LPL in Zukunft halt durch die SPÖVP und ihre 100%ige Mehrheit in der Landesregierung umgesetzt (die man angesichts ihrer Kopf- und Hirnosigkeit besser nicht als »siebenköpfig« bezeichnen sollte. Denn so, wie nicht alles, was zwei Backen hat, deshalb schon ein Gesicht ist, so ist nicht alles, was den Hemdkragen gegen Regen abschirmt, ein Kopf ...) .

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